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Der Fotograf Jacques Lowe hat die Strandfotos jetzt mit vielen anderen Fotos als Buch herausgegeben: „Meine Jahre mit den Kennedys – Einblicke eines Fotografen“.

© promo

Attentat vor 50 Jahren: Einer wie John F. Kennedy darf nicht sterben

Vor 50 Jahren wurde John F. Kennedy erschossen – ganz Amerika gedenkt eines Idols. Filme, ungezählte Bücher, immer neue Enthüllungen zeigen: Keine Nation auf der Welt ist derart kritisch mit sich selbst.

Die Schüsse trafen ihn um 12 Uhr 30 auf dem Rücksitz der offenen blauen Limousine. Er habe noch so nett gelächelt, berichtete später Jackie Kennedy. Dann sei ein verwunderter Ausdruck in seine Augen getreten, er fiel vornüber, und wer damals, am 22. November 1963, schon alt genug war, erinnert sich bis heute, wo er oder sie war, als der 35. Präsident der Vereinigten Staaten, John F. Kennedy, in dem Wagen an die Schulter seiner Frau sackte, auf der Elm Street in Dallas.

Er ist tot, habe jemand gerufen, erinnerte sich die First Lady. Die Limousine raste sofort zum Parkland Hospital. Jackie Kennedy redete noch auf ihren Mann ein. Aber es war schon zu spät. Sein Blut, sein Gehirn sei auf ihrem Schoß gewesen, ein Teil des Schädels abgetrennt. Um 13 Uhr stellten die Ärzte den Tod des Präsidenten fest.

An diesem Freitag wird das öffentliche Leben in Dallas abermals stillstehen. Regierungsgebäude in der texanischen Großstadt sind geschlossen, Angestellte haben frei, damit sie am Gedenken zum 50sten Jahrestag des Attentats teilnehmen können. Kontrollen machen die Stadt zu einer Hochsicherheitszone. Nur 5000 Gäste, die einen Hintergrundcheck durchlaufen haben und eine Einlasskarte vorzeigen können, dürfen überhaupt nur in die Nähe der Dealey Plaza, wo die zentrale Gedenkveranstaltung stattfinden soll. In der Stadt verteilt sind Großbildleinwände aufgestellt, damit diejenigen, die außen vor bleiben müssen, das Geschehen trotzdem verfolgen können. Und um 12 Uhr 30, exakt 50 Jahren nach dem Attentat auf John F. Kennedy, soll die Bevölkerung dann für eine Minute schweigen.

Seit vielen Monaten laufen hier die Vorbereitungen für diesen Tag. Vor zwei Jahren bereits, berichtet Bürgermeister Mike Rawlings, traten die Ersten mit der Frage an ihn heran, was er sich denn für diesen Tag überlegen wolle. Denn mit der größten öffentlichen Erinnerungszeremonie verarbeitet Dallas sein Trauma, dass gerade hier John F. Kennedy ermordet wurde, ein Idol des jungen Amerika. „Ich wusste, dass der Tag kommen würde“, hatte Rawlings gesagt, die ganze Welt werde Dallas beobachten. „Es ist wichtig, dass wir es auf die richtige Weise machen.“

Einwohner von Dallas, heute eine demokratisch dominierte Metropole, mussten nach dem Attentat die Erfahrung machen, wie ihnen der Hass des Landes entgegenschlug. Touristen pilgerten nach Dallas, um den Ort zu sehen, wo der Marxist Lee Harvey Oswald die Schüsse abgefeuert hatte. Die Amerikaner suchten zu ergründen, warum so etwas gerade in Dallas passieren konnte, der „City of Hate“, der Stadt des Hasses, wie sie nach dem Attentat lange genannt wurde.

Dallas hat seine eigene Art gefunden, mit der Last der Vergangenheit umzugehen. Ein Freiwilligenprojekt hat die Straßen mit Plakaten geschmückt, die Dallas jetzt zur Stadt der Liebe ausrufen. Überall, berichten örtliche Medien, auch an dem Parkland Hospital, dort, wo der Tod Kennedys festgestellt worden war, sind die Zeichen zu sehen. Geschäfte haben die Plakate in ihre Schaufenster gehängt, Schulen der Stadt haben das Projekt unterstützt.

Der Fokus der Feierlichkeiten, hat Bürgermeister Rawlings zudem angekündigt, werde nicht auf der Stadt Dallas liegen, auch nicht auf dem Attentat. Man wolle die Präsidentschaft und das Vermächtnis von John F. Kennedy in den Mittelpunkt der Erinnerung stellen. Der Historiker David McCullough wird aus den Reden Kennedys lesen, ein Chor soll singen, Gebete sind geplant, eine Schweigeminute und schließlich werden zu Ehren Kennedys Militärflieger aufsteigen.

Während aber Dallas sich seines Traumas zu befreien sucht, erinnern überall in den Vereinigten Staaten die Menschen an JFK. In Washington DC wird sich Präsident Barack Obama mit Mitgliedern des von Kennedy gegründeten Peace Corps treffen, ein Gedenkgottesdienst erinnert in der Hauptstadt an den ermordeten Präsidenten. An Kennedys Grab in Arlington werden viele Besucher erwartet, in Brookline im Bundesstaat Massachusetts, wo Kennedy seine Kindheit verbrachte, versammeln sich die Menschen, in Chicago, in San Antonio, quer durch die Vereinigten Staaten gedenken die Amerikaner ihres früh gestorbenen Präsidenten.

Denn noch immer sehnt sich Amerika nach einem Helden wie Kennedy. Es ist, als ob sie ihn einfach nicht sterben lassen wollten. Nicht so. Die Fernsehkanäle und die Magazinseiten sind in diesen Tagen voll mit dem Versuch, den Mythos Kennedy zu entzaubern. Kaum ein Land der Welt denkt in einer so intensiven und kritischen Weise über sich selbst nach. Und gleichzeitig war es ausgerechnet in dem Land, das den investigativen Journalismus erfunden hat, nicht möglich, diesen Tod restlos aufzuklären. Die „New York Times“ arbeitet sich an den „5 Mythen um Kennedy“ ab und stellt das Bild des liberalen und zukunftszugewandten Helden infrage.

Filme und eine nicht enden wollende Zahl von Büchern sezieren die Ausschweifungen und die kränkliche Verfassung des John F. Kennedy. Und doch bleibt es nur der Versuch. Denn, wie Richard Cohen in der „Washington Post“ in einer Hymne schreibt: „Jeden Morgen, wenn ich in den Spiegel geschaut habe, wollte ich so sein wie er.“

Kennedy habe die Besten und die Klügsten ins Weiße Haus geholt. Er habe keine Angst davor gehabt, sich mit Brillanz zu umgeben. Eine Weile habe es ja so ausgesehen, schreibt Cohen, als könne Barack Obama ein neuer Kennedy werden. Doch selbst wenn es am Ende so komme, dass Obama mehr politisch erreicht haben könnte als John F. Kennedy, eines habe er nicht vermocht – er habe keinen Jubel ins Land gebracht. „Das Weiße Haus funkelt nicht.“

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